Eugenie Kain - „Sturmwarnung“

Haltestelle Harruckerstraße. Linie 38. In welche Richtung fahren wir? Zur Endhaltestelle Jäger im Tal? Dann in den Haselgraben hinein und hinauf, hinauf, hinauf bis nach Kirschschlag, über die Glasau nach Helmonsödt, Vorsicht beim überqueren der Bundesstraße! über Oberbairing wandern wir wieder hinunter, hinunter nach St. Magdalena. Alles zu Fuß. Zeit haben wir. Noch ist der Himmel blau. Wolken jagen über der Straße zu den grünen Hügeln am Ende der Häuserzeilen. Grün, blau, grau in gemauertem Rahmen.
Der Bus kommt in 10 Minuten. Ein grober Wind nagt an Ohren und Wangen und reißt uns am Haar. Fahren wir doch lieber zur Endhaltestelle Rudolfstraße und von dort zu Fuß über die Donau in die Stadt. Oder wir nehmen die Bim. Und fahren direkt ins Café zu Topfenstrudel und Tee oder heißer Schokolade mit Schlag. Doch es wird alles voll sein. Kaffeehäuser gibt es nicht viel in der Stadt.

Der Bus kommt in 8 Minuten. Einen Kaffee bekommst du auch hier in der Bäckerei an der Haltstelle. Salzkammergutbäckerei. Auch sonntags Vormittag geöffnet bis 10 Uhr. Semmeln kannst du besorgen, Mohnflesserl oder Briochebäckerei. Jetzt riecht es nach frischem Brot. Der Kaffee ist heiß und schmeckt bitter. In der Trafik nebenan kauf dir noch schnell eine Zeitung. Wir rauchen nicht mehr. Sonst gibt es hier nur drüben das Fiakerstüberl und die Polizei. Der Fleischhauer hat längst geschlossen, ein Friseur hält die Stellung und lockt mit Aktionen. Am besten, du setzt dich hier auf die Bank und schaust dem Verkehr zu. Wir zählen die Autos. Die rostigen roten, die glänzenden schwarzen, die kleinen gelben. Die meisten Wagen fahren zu schnell. Radfahrer sehen wir wenig im kalten Wind, der die Sonnenwärme verbläst.

Der Bus kommt in fünf Minuten. Oder marschieren wir an der Volksschule vorbei zum Dießenleitenbach, seinem Tal entlang auf die Höhe oder am Forsthaus vorbei über die Mayrwiese hinauf auf den Pöstlingberg. Oder wir fahren mit dem Bus zur Biegung und nehmen den Zug nach Aigen. Von dort noch ein Stück Richtung Norden und schon sind wir in einem anderen Land. Der Bus kommt in drei Minuten. Komm her, setz deine Haube auf und gib mir die Hand. Die Welt steht uns offen, hier an der Haltestelle Harruckerstraße in Urfahr. Von hier kommen wir überall hin. Mit dem Bus der Linie 38. Er bringt uns hinaus in die Welt. Hörst du die Glocken der Friedenskirche?

In zwei Minuten kommt der Bus. Da vorne, da kommt er. Ein neues Modell mit weißem Buckel am Dach. Noch eine Station. Dann hält er für uns. An unserer Bank. Er bringt uns hinaus in die Welt, wenn wir wollen. Oder bleiben wir heute doch noch daheim. Wir machen es uns am Fenster gemütlich und schauen auf die Straße. Wir zählen die Autos und warten, dass der Wind sich beruhigt.
Der nächste Bus kommt in 15. Minuten.